Ich möchte heute mit euch den aktuellen Stand meines neuesten Riesenprojekts teilen:
Einen Halbkreismantel gefüttert mit Hamsterfell.
Today I’d like to share with you the progress of my latest huge project: A semi-circle cloak, lined with hamster-fur
Beleg (spoiler: ich habe (noch) keinen)
Pelzgefütterte Übergewänder (Surcots und verschiedene Mäntel) finden sich in den Abbildungen zu Hauf und auch in der Literatur ist Pelz hinreichend belegt.
Scientific proof of historical accuracy (spoiler: I don’t have one – yet)
Fur-lined overclothings like surcots and cloaks an mantles are quite commonly found both in pictures and text sources.

Mit dem Hamster wird es da etwas schwieriger. Während sich auf Gemälden der Renaissance viele Beispiele für Hamsterfell-besetzte Kleidung finden lassen, datieren die frühesten Erwähnungen, die ich finden konnte¹ aus den Jahren 1396 und 1398.
In zwei Testamenten werden explizit Kleidungsstücke aus Hamsterfell erwähnt, die weitervererbt wurden.²
Though it’s absolutely safe to say that fur-lined cloaks have been worn in the 13th century, this does not apply as easliy to hamster being used as fur lining.
While you can find hamster fur on quite a number of renaissance-paintings, the earliest mentioning I could find (actuelly it wasn’t me but the wonderful Mara von Tusen) is from two wills from 1396 and 1398, where two individuals inherit hamster fur clothes.
Das ist schon mal deutlich besser als Renaissance-Gemälde, aber immer noch locker 100 Jahre zu spät. Aber ich gebe die Hoffnung noch nicht auf!
Ich habe also tatsächlich leider noch keinen Beleg für die Verwendung von Hamsterfell für das 13. Jahrhundert. Wenn jemand was weiß oder jemanden kennt, der was wissen könnte: ich freue mich über jeden Hinweis in den Kommentaren oder per Mail!
That’s much better that renaissance paintings, but still a good 100 years to late.
But I won’t give up hope. I do not have proof of hamster being used as lining in 13th century. So if you know of any source or any person who might know something about that: let me know! 🙂
Material
Obermaterial: Wollköper
Zwischenlage: Leinen
Futter: Hamsterpelz
Nahtmaterial: gewachster Leinenfaden
materials used:
Top layer: wool twill
intermediate layer: linen
Lining: hamster fur.
sweing material: waxed linen thread
Europäische Feldhamster stehen unter Naturschutz und dürfen in Europa nicht gehandelt werden.
Ich habe über mehrere Monate hinweg alte Hamsterfelljacken und -mäntel über Kleinanzeigen gekauft und recycelt.
Insgesamt habe ich 4 Jacken verarbeitet. Da sind ungefähr 180 – 190 einzelne Felle.
Die zusammengesetzten Felle werden dann auf eine Leinenschicht pikiert und schließlich kommt Wolltuch als Obermaterial drüber.
European field-hamsters are a protected species and trading their pelt is forbidden.
I spend several month browsing ebay and classified ads for vintage jackets and coats and recycled them.
I used 4 old jackets which equals approximately 180-190 individual skins.
Arbeitsschritte:
√ 1. Pelzfutter aus den Jacken trennen, Futterstoff, Knöpfe, Reißverschlüsse, Verstärkungen etc entfernen
√ 2. Pelze in Streifen und Stücke schneiden
√ 3. Streifen neu arrangieren
— > 4. neu angeordnete Pelze zusammennähen
5. Pelz auf Leinenschicht pikieren
6. Wolltuch zuschneiden
7. Pelzfutter und Wollstoff in der Form abstimmen und zusammenfügen
Steps:
1. take fur lining out of vintage jackets. strip them of all zippers, buttons, linings,…
2. cut pelt into stripes an patches
3. re-arrange the patches
–> 4. sew together re-arranged skins
5. stitch fur lining to linen carrier-cloth
6. cut wool twill
7. adjust shape and sew together lining and cloak
1. Jacken zerlegen
Was für eine Schweinearbeit! Das hat wirklich keinen Spaß gemacht. Gab aber interessante Einblicke in die Schneiderarbeit, die hinter den alten Pelzjacken stand!
Ich habe alle Bestandteile (Reißverschlüsse, Verstärkungen, Knöpfe,…) entfernt und dann die Schulternähte geöffnet, umein flach liegendes Stück zu erhalten
1. taking apart the vintage jackets
What a terrible work! That was no fun at all. But I got some interesting insight on the tailoring that went into these jackets.
I removed all the buttons, lining, zippers, pockets etc and opened the shoulder-seams to get a flat piece.


Die fertig zerlegten Pelzjacken ausgebreitet.
Man sieht, dass die Pelze leicht unterschiedliche Größen und Farbschläge haben. Das sollte noch interessant werden!
The disassembeled jackets spread out.
You can see the different sizes and colours of the pelts. That was going to be challenging as I went along.
2. und 3. In Streifen teilen und anordnen
Um möglichst wenig Nähte auftrennen und neu machen zu müssen und um ein möglichst einheitliches Bild zu bekommen, habe ich mich entschieden, die horizontalen Streifen möglichst beizubehalten und nur da zu stückeln, wo es nicht anders möglich war.
Ich habe die Pelze in horizontalen Reihen angeordnet, wie man es zum Beipiel hier auf einer Abbildung eines komplett aufgefalteten Mantels sieht.
2. and 3.: cut pelt into stripes and re-arrange
To avoid unneccessary cutting and sewing and to achieve a seamless overall look, I decided to maintain the horizontal stripes and only patch smaller pieces where it was unavoidable.
This layout can be seen here on a picture of a fully unfolded cloak.

Dabei habe ich darauf geachtet, die Stellen, die später am sichtbarsten sein würden (nämlich die langen geraden Seiten bis zu einem gewissen Winkel, wenn an den Mantel etwas aufklappt) mit den schönsten Fellen zu besetzen und hier möglichst große zusammengehörige Stücke zu verwenden.
Da, wo sich später mein Körper in dem Mantel befinden würde, habe ich eher gestückelt.
My priority was to use the prettiest pelts and largest undevided pieces in the areas where they would be most visible: on the long straight edges up to a certain angle.
In the middle where my body was going to be, I used patched together smaller pieces.




Man sieht hier ganz gut, dass ich versucht habe, die „Flügel“ symmetrisch zu halten und im später eher unsichtbaren Mittelteil die kleineren Stücke und die dunkleren, weniger hübschen Felle unterzubringen.
Here you can see that I tried to keep the „wings“ as symmetric as possible and use the darker, less pretty pieces in the middle section.
Hier mal zum Vergleich, um zu zeigen, wie riesenhaft das Ding ist!
(Ich bin 1,76m groß. Damit der Mantel mir zumindest vom Nacken bis gut zu den Knöcheln reicht, muss er 1,50m Radius haben. Die lange Seite sind also gute 3,0 Meter 🙂
To show you how enormous this thing is:
I am 1,76m tall. In order to have the cloak reaching from my neck down to my ankles, it has to have a 1,50m radius. So the long side is 3,00m long!
4. Stücke zusammennähen
Das ist die Mammutaufgabe, an der ich zur Zeit sitze!
Ich verwende dafür gewachsten Leinenfaden und eine moderne sehr spitze Nadel.
Die Stücke werden mit Stecknadeln und Klammern fixiert und im Überwendlingstich zusammengenäht.
Dabei habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, die Haare mit einer dicken Stopfnadel zwischen die Schichten zu streichen.
Das Bild oben zeigt das erste Layout, in dem aber einige Dinge noch nicht berücksichtigt waren.
Neben verschieden langen Pelzen waren da Rundungen zu berücksichtigen, Nahtzugaben etc.
Ich fing also mit den großen Teilen an und fügte dann Stück für Stück weitere Puzzlestücke hinzu. Eine zeitraubende und teilweise auch etwas frustrierende Aufgabe. Ich weiß nicht, wie oft ich die Baumwoll-Vorlage und die Pelze aufgerollt und wieder ausgebreitet habe. Mit der Pelzseite nach oben, nach unten, auf der Vorlage, unter der Vorlage,…
Immer wenn ich dachte, ich habe alles perfekt arrangiert und alle Lücken geschlossen, tauchte eine neue kahle Stelle auf!
Teilweise habe ich tatsächlich einzelne Pelzchen in die Lücken genäht.
4. sewing together the patches
This is the mammoth task I am currently occupied with..
I use waxed linen thread and a simpel overlock-stitch to sew together the skins. I use a big blunt darning-needle to push the hairs between the layers as I go.
The picture above shows the first layout, which was going to be altered a few times. I did not take into account the curving on some pieces as well as seam allowance etc.
So what I did was starting with the biggest pieces -beginning with the long stripe all along the upper edge- and then adding piece by piece as I went along.
That was a time-consuming and sometimes frustrating work.
Everytime I thought I had it all figured out, another gap opened up!
Aber langsam wird es!
Es fehlt hauptsächlich noch der untere Teil, aber ich habe schon mal ein Bild mit dem gesteckten Teil gemacht, das ahnen lässt, wie das gute Stück später mal aussehen soll.
But I’m getting there!
The lower part is still incomplete but I pinned everything in place and took a picture that gives you an idea of what the finished piece wil look like!
Und bis es so weit ist, werde ich mal weiter nähen.
…und nähen
…und nähen…
Until then, I am going to keep on sewing
…and sewing
…sewing
…und versuchen, mich an die eine simple Regel beim Arbeiten mit Pelz zu erinnern:
Trag kein Schwarz.
…and trying to remember one simple rule when working with fur:
Don’t wear black.
¹ : Tatsächlich habe nicht ich diesen Beleg gefunden, sondern die tolle Mara von Tusen
²:Magisterarbeit „Analyse von Testamenten aus den Jahren 1395-1397 aus den Wiener Stadtbüchern unter besonderer Berücksichtigung der vermachten Sachgüter“
Christa Derndarsky Wien, im Oktober 2007, S. 159:
https://core.ac.uk/download/pdf/11581836.pdf?fbclid=IwAR2W0y3ZwQ34u2WdAQqFA651XejnVGxwy97-jrgz4tLh5jlr9srtyNIvxTw
Wahnsinn, was für eine Tüftelei und Fleissarbeit!
Hast du dir die einzelnen Arbeitsschritte auch selbst überlegen müssen oder gab es da „Anweisungen“. Es wird auf alle „Felle“ ein Prachtstück.
Anweisungen nicht wirklich. Ich habe recherchiert, mit welchem Stichen Pelze traditionellerweise genäht wurden (Überwendlingstich. Es gibt auch eine „Pelznähmaschine“, die tatsächlich so eine Art vertikale Overlockmaschine ist.)
Dass eine Leinenschicht zwischen Pelz und Wollstoff ghört, war mir erst nicht bewusst. Ich habe zwar bei der Recherche den Fachbegriff „pikieren“ gelesen („Das Aufnähen von textilen Zwischenstoffen (zwischen Pelz und Innenfutter) auf die Lederseite eines zugeschnittenen Pelzes.“ – Wikipedia) aber das gar nicht weiter abgespeichert. Ein anderer Reenactor, der auch schon öfter Pelz verarbeitet hat, hat mich darauf hingewiesen, dass das nicht nur historisch korrekt sondern auch sinnvoll ist, um Gewicht und damit Zug von den dünnen Pelzchen zu nehmen und um einen haltbareren „Innenmantel“ zu schaffen, den man irgendwann zum Beispiel einfacher in einen neuen Oberstoff einnähen kann.
Tolle Arbeit – bin gespannt auf das Resultat!
Ich hab seit Anfang Oktober ein ähnlich aufwendiges Projekt, das ich selbstkritisch „Projekt Arme Irre“ nenne. Halte durch, ich freue mich, von Dir zu lesen.
Viele Grüße – Babette
Oh wow, was für ein Projekt! Wie schwer wird das gute Stück denn am Ende?
Vor Jahren, als wir den Haushalt meines Großvaters aufgelöst haben, haben wir einen Mantel mit Futter aus sibirischen Eichhörnchenfellen weggegeben. Jetzt ärgere ich mich tierisch, damals hab ich noch kein Living History gemacht.
Wieviele kleine Tierchen für so einen Mantel sterben mussten… bei denen die seit Jahrzehnten tot sind, find ich das ok, was fürs Hobby draus zu machen. Neu auf keinen Fall (außer bei lebensmittelliefernden Tieren wie Schaf oder Kaninchen). Ich schätze dich so ein dass du das ähnlich siehst.
Wie schwer der Mantel am Ende wird, weiß ich noch gar nicht, wei ich den Außenstoff noch nicht habe. Der wird gerade noch für mich gefärbt.
Nur die Pelze mit der Bomull-Schablone wiegen etwa 2,5 Kilo, also gar nicht so viel, wie man denken könnte.
Ouh, einen Feh-Mantel weggeben, da hätte ich mich hinterher aber auch geärgert!
Toll wie weit das Projekt schon forgeschritten ist nach der schwierigen Findungsphase bei den Fellen und den dazu aufgerufenen Preisen.
Viel Grüße
Wolfram von der Oerz