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Strumpfmode à la Hochgotik

Mit Erschrecken musste ich bei meiner Recherche für meine Mittelalter-Gewandung feststellen, dass das Stricken für meinen Darstellungszeitraum als Handarbeitstechnik nicht wirklich belegbar ist. Handschuhe, Strümpfe, Mützen und ähnliches wurden wohl eher mit der Technik des Nadelbindens hergestellt.
Meine Idee, Strümpfe und Socken für die Gewandung zu stricken war also damit erst mal gestorben. Als ich der Frage nachging, was frau denn im 14. Jhd so in den Schuhen getragen hat, fand ich aber heraus, dass Strümpfe -heute völlig unüblich- durchaus genäht sein konnten.
Ähnlich wie die Beinlinge für Männer (Eine Art oberschenkellange Strümpfe, die an der Unterwäsche angenestelt wurden, handelt es sich um Füßlinge mit langem Schaft (bis Kniehöhe), die aus Wolle, evtl. Leinen und für die buchstäblich besser Betuchten aus Seide sein konnten.
Unter dem Knie wurden diese Beinkleider mit einem Band geschnürt.

While doing some research on medieval garments I sadly had to learn that knitting is not an option for „my“ time and location.
Mittens, stockings, hats and so on were made in a technique known as „naalbinding“.
So my plan to knit some socks or stockings for the medieval wardrobe was cancelled. When searching for women’s hosery in the 14th century I found out that stockings would mostly be sewn from fabricc!
Similar to the men’s hose (thigh-high stockings, tied to the underwear) these stockings are knee-high and are made from wool or silk for the wealthy folks.
Below the knee they where tied with a cord.

Eine wirklich sehr empfehlenswerte Anleitung habe ich hier bei der „Mittelalter-Manufaktur“  gefunden. Die Autorin hat sich große Mühe gemacht, eine sehr verständliche Schritt-für Schritt- Anleitung zu erstellen. Ich habe sie genau befolgt und habe ein paar tolle gut sitzende Strümpfe bekommen. Allerdings habe ich alle Nähte von Hand statt mit der Nähmaschine gemacht. Dementsprechend kam bei mir noch ein Schritt dazu: die Nähte musste ich versäubern, statt sie nur umzubügeln und knappkantig abzuschneiden.

I found a really good explanation here at „Mittelalter-Manufaktur“ (site in German only) The author did a really good job providing an comprehensible step-by-step tutorial. I followed it thoroughly and ended up with some perfectly fitted stockings. I only did all seams by hand in stead of using a sewing machine.

Material:
– leichter Gleichgratköper-Wollstoff von Hüco.
– Herausgezogene Kettfäden als Nähgarn
– Handgesponnene Wolle für die Nestelschnur
(Außerdem aus dem „modernen Nähkästchen“: Schneiderkreide, dünnes Papier zum Übertragen des Schnittes, Stecknadeln)

material:
– light 2/1-twill
– warp-threads I pulled out of the fabric to use as sewing thread
– handspun yarn for the cord
(and from my modern supplies: taylor’s chalk, thin paper to transfer the pattern, blocking pins)

Techniken:
– Vorstich
– Überwendlingstich
– Fingerloop

techniques used:
– running stitch
– overedge stitch
– fingerloop

Weil die Anleitung schon so super ist, will ich sie hier gar nicht wiederholen sondern lieber noch mal auf das Original verweisen 😉

Nur in aller Kürze: nach dem Vermessen von Fuß und Wade habe ich die Maße auf Papier übertragen* , ausgeschnitten und auf den Stoff gepinnt.
WICHTIGER HINWEIS: Damit die Strümpfe nachher dehnbar sind und die Naht nicht beim ersten mal Hinhocken kracht ist es wichitg, die Teile diagonal zum Fadenverlauf zuzuuschneiden!

The tutorial is brilliant. Therefore I will not repeat it here but just direct you to the original once again 😉

In a nutshell: after measuring foot and calf I transfered the measurements to paper:, cut it out and pinned to the fabric.
IMPORTANT NOTE: to get stretchy stockings that will not rip when movin around or squating down, it is important to cut the parts on the bias to the fabric!

WICHTIGER HINWEIS 2: In der verlinkten Anleitung wird davon abgeraten, die Teile für beide Strümpfe gleichzeitig aus einem doppelten gelegten Stück Stoff auszuschneiden, weil die Lagen schnell verrutschen können. Mir ist noch ein weiterer Grund aufgefallen: meine rechte Wade ist etwas kräftiger als meine linke (Fällt auch bei Stiefeln mit Reißverschluss gerne mal auf). Daher macht euch lieber die Arbeit und messt zumindest beide Füße/Beine aus. Wenn sich die Maße nicht deutlich unterscheiden, könnt ihr sicher auch alle Teile auf einmal zuschneiden. Bei mir hätte das in einem zu engen Strumpf geendet.

IMPORTANT NOTE 2: the tutorial advises you not to cut the parts for both stickings at once because the layers of fabric might slip against each other and end up crooked. I found another reason why you should measure and cut the right and left stocking individually. My right calf is a bit thicker than the left one (I knew that from the struggle to buy boots with zippers.) I would therefore recommend you to measure both feet and legs to avoid having one fitting and one too tight stocking.

Die Teile werden dann links auf links zusammengenäht (ggf. versäubert) und gewendet. Das Versäubern der Rundungen insbesondere an der Fußspitze  fand ich schrecklich fummelig. Wenn jemand einen Tipp hat, wie das einfacher geht: immer gerne raus damit!

Then join the parts, hem the seams and turn.
I found the hemming fiddly, especially at the round corners. If ou have an idea how to make that easier: I’m all ears!

 

In den oberen Saum wird ein Tunnelzug eingearbeitet, in den dann von der Außenseite zwei Löcher gebohrt werden, durch die später die Nestelschnüre kommen. Bei mir hat sich eine dicke 8mm Stricknadel aus Bambus als Ahle bewährt.
Nachtrag 2015: Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass diese Form nicht wirklich belegbar ist. Statt des Tunnelzugs sollten die Strümpfe bis über das Knie reichen und mit einer Kordel unter dem Knie gebunden werden. Ein Beispiel dafür findet sich hier.

In the upper seam I inserted a drwastring casing. Into the casing you push two holes to pull the cord through. I used an 8mm bamboo knitting needle as an awl.
Added 2015: Over the past months I found out that this pattern is not 100% accurate. I could not find any proof for a drawstring casing. Instead the stockings should go up to a hand above the knee and be tied with a cord under the knee.
find an example here.


Die Löcher werden dann umstichelt, das ist mir noch nicht so ganz hübsch gelungen. Wenn ich wirklich noch ein Sonntagsgewand mit Knöpfen (und dementsprechend Knopflöchern) anstrebe, sollte ich das noch mal üben!

The holes are then hemmed. I need some spratice for that. If I really want to sew a sunday dress with buttons (and therefore buttonholes), I should work on that 😉

Durch die Löcher wird dann eine Kordel gezogen. Je nach Darstellung kann das eine (geloopte) Wollschnur sein, ein Lederband oder eine schmale Brettchenborte. Ich habe erst mal nur ein Stück handgesponnene verzwirnte Schafwolle genommen, weil ich gerade nichts anderes zur Hand hatte. Hält aber schon mal hervorragend!

Through these holes draw a cord. Depending on the persons rank/wealth/… that could be a woolen string, a leather cord or a teblet woven ribbon.
I used what I had at my fingertips: A piece of woolen yarn. Fits well!

 

 

Fazit:

Dank der hervorragenden Anleitung sehr leicht zu konstruieren und nicht allzuschwer zu nähen. Beim nächsten Mal würde ich den oberen Fußteil vielleicht etwas kleiner machen, es schlägt besonders im Schuh doch ziemlich Falten auf dem Spann. Aber vielleicht brauche ich den Raum auch für ausreichende Bewegungsfreiheit. Ich werde das testen.
Der Wollstoff ist tatsächlich dehnbarer als gedacht. Ich konnte mich im Kurztest problemlos hinknien, gehen, mich setzen,…
Wegen des Nestelbandes werde ich noch etwas recherchieren. Vielleicht bietet sich hier ja die Gelegenheit, etwas brettchengewebtes in die Gewandung einzubauen? Bisher wollte das nirgendwo so recht passsen 😉

Conclusion:

Thanks to the very easy to understand tutorial this was easy to construct and not too difficult to sew. Next time I would reduce the size of the upper foot part. It turned out a bit sloppy. But maybe I will need the room for moving..I will try that out.
The cloth is more stretchy than I had expected. I could easily kneel, squat, sit down…
I will do some more research about the cord. Maybe this is the opportunity to add some tablet-weaving to my garment? So far it never really fit in. 🙂

 

 

* ich habe es irgendwo schon mal geschrieben: ich hebe für solche Schnitte immer das dünne graue Papier auf, in das in Deko-Läden Zerbrechliches eingewickelt wird. Es ist kostenlos, meist werden mehrere Bögen auf einmal verwendet, es ist dünn und lässt sich gut beschreiben und auf dem Stoff festpinnen.

I think I mentioned this before: I use the thin grey paper they use at stores to wrap fragile goods. It’s free, thin and easy to write on and pin to the fabric.

Ein Gedanke zu „Strumpfmode à la Hochgotik“

  1. Tipp 🙂
    Ich versäubere bei so kleinem Fuddelkram immer bevor ich anfange, etwas zusammen zu nähen 🙂
    Liebe Grüße Mara

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